Gemeinsam für den Naturpark Barnim )Nr. 57) |
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Einziges gemeinsames Großschutzgebiet der Länder Brandenburg und Berlin ist der rund 750 Quadratkilometer große Naturpark Barnim. Der größte Teil seiner Fläche liegt in Brandenburg zwischen Bernau, Bad Freienwalde,
Eberswalde, Liebenwalde und Oranienburg.
Rund 5,4 Prozent der Fläche befinden sich in den nördlichen Berliner
Stadtbezirken Pankow und Reinickendorf.
Vor allem die großflächigen Wälder und Forsten prägen das
Landschaftsbild des Naturparks. Hinzu kommen zahlreiche Seen, Moore,
fast unberührte Fließtäler und Ackersölle. Diese kleinen, oft mondrunden
Gewässer sind Lebensraum für das Wappentier des Naturparks, die
Rotbauchunke.
In dieser abwechslungsreichen Landschaft liegen Orte, in denen Reste
slawischer und deutscher Burgen von der Geschichte des Barnims,
beeindruckende Feld- und Ziegelsteinbauten von alter Handwerkskunst,
historische Wasserstraßen - wie der Finowkanal - vom wirtschaftlichen
Auf und Ab der Gegend zeugen.
Auch die Gemeinde Mühlenbecker Land liegt als eine der wenigen Gemeind en
Oberhavels im Naturpark. Nach Auffassung von Bürgermeister Filippo
Smaldino-Stattaus (SPD) ist dies ein harter Standortfaktor, der in
Oberhavel noch zu wenig berücksichtigt wird. Er ergriff darum die
Initiative, um Möglichkeiten einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem
Naturpark zu sondieren. Aufbauend auf der erfolgreichen Naturparkarbeit
u.a. im touristischen Bereich hofft Smaldino-Stattaus auf Synergien, die
beide Partner voran bringen.
Vor kurzem war es soweit: Naturparkchef Dr. Peter Gärtner machte eine
Delegation von Kommunalpolitikern und Mitarbeitern der Verwaltung mit
dem Naturpark vertraut. Obwohl der Himmel seine Schleusen öffnete,
startete der Bus pünktlich in Mühlenbeck und fuhr das Barnim Panorama in
Wandlitz an. Zum ersten Mal sind dort ein Museum und ein
Naturparkzentrum vereint und in einer gemeinsamen Ausstellung wird die
Geschichte einer Landschaft erzählt, die der Mensch prägte. Hier kann
die ganze Vielfalt einer Kulturlandschaft unter einem Dach erlebt
werden. Auch Kinder begeben sich fasziniert auf den neuen Entdeckerpfad
und mustern mit Staunen u.a. die Traktorenherde.
Weiter ging es mit dem Bus nach Hobrechtsfelde. Die ehemalige
Rieselfeldlandschaft Hobrechtsfelde wird in eine Landschaft verwandelt,
die gleichermaßen den Zielen des Naturschutzes dient, der forstlichen
Bewirtschaftung eine Perspektive bietet und im Umland Berlins eine
abwechslungsreiche Erholungslandschaft für die Bevölkerung bereitstellt.
Das Vorhaben gliedert sich in die Themenfelder: Beweidung, Gewässer- und
Moorrenaturierung sowie Besucherlenkung und –information. Es handelt
sich um das größte Waldweideprojekt in Deutschland. Der dortige
Landschaftstyp – halboffene Waldlandschaft – mit dem Wechsel von
geschlossenen Waldgebieten (Bucher Forst), halboffenen und offenen
Flächen (ehemalige Rieselfelder), ist in Deutschland selten. In diesem
Landschaftstyp liegt ein besonderes Potenzial für die Erholungsnutzung,
aber auch für den Biotop- und Artenschutz. Vogelarten wie Wendehals,
Neuntöter, Braunkehlchen, Schwarzkehlchen und Sperbergrasmücke finden
hier optimalen Lebensraum. Ein begleitendes wissenschaftliches
Monitoring dokumentiert das Projekt. Zum ersten Mal werden in
Deutschland großflächig auch Waldflächen und ehemalige Rieselfelder
(Nachnutzung) beweidet und miteinander verglichen. Die Hochschule für
nachhaltige Entwicklung in Eberswalde koordiniert diese
wissenschaftliche Begleituntersuchung. Durch frei zugängliche
Weideflächen auf ausgewiesenen Wegen wird die Beweidung dem Besucher
direkt erlebbar gemacht. Zu entdecken sind zum Beispiel schottische
Hochlandrinder, Galloways und Englische Parkrinder sowie Konik-Pferde.
Knapp 30 Jahre nach Beendigung der Rieselfeldbewirtschaftung sind immer
noch Probleme zu bewältigen. Hierzu gehören:
– Der Wasserhaushalt kann sich nur eingeschränkt regenerieren, da die
Rieselfeldableitgraben zu einer ständigen Wasserabfuhr führen. Der
daraus folgenden Trockenheit muss begegnet werden.
– Es gilt schwer abbaubare Schadstoffe und Schwermetalle in der
Landschaft zu halten und Auswaschungen und Grundwassereintrag zu
vermeiden.
– Der Übergang von Wasserüberfluss zu Wassermangel ist nachhaltig zu
gestalten.
Die Mühlenbecker nutzten die Gelegenheit, im Besucherzentrum innerhalb
des sechsstöckigen alten Kornspeichers des Gutes Hobrechtsfelde mehr
über die Geschichte der Rieselfelder zu erfahren. Das Gut Hobrechtsfelde
entwickelte sich innerhalb der letzten Jahre mit Ponyreiten,
Kletterpark, Streicheltiergehege, Hofimbiss und Kulturveranstaltungen
auf dem Gutshofgelände und in Eventscheune zum neuen Ausflugsziel für
ganze Berliner Familien am Stadtrand Berlins.
Zum Abschluss führte Dr. Gärtner seine interessierten Besucher nach
Biesenthal. Hier gastierte das Naturparkfest 2014 anlässlich der
abgeschlossenen Rekonstruktion am Schlossberg. Das Event war ein großer
Erfolg mit mehreren Tausend Besuchern. Die Stadt führt das Label
„Naturparkstadt“ und hat beim Innenministerium erwirkt, dies auch auf
den Ortseingangsschildern zu vermerken. Der Tourismusverein des
Naturparkes betreibt hier seine zweite Tourismusinformation neben der in
Wandlitz. Am anderen Ende der Stadt befindet sich die Biomolkerei der
Hoffnungsthaler Anstalten. Hier wird Milch aus dem eigenen Betrieb unter
anderem zu Joghurt verarbeitet. Dieser wird beispielsweise auch bei den
Einzelhandelsketten EDEKA oder REWE angeboten. Körperlich oder geistig
benachteiligte Menschen sind unter Anleitung maßgeblich in die
Produktion und den Vertrieb eingebunden. Von jedem verkauften
Naturjoghurt fließen drei Cent in Naturschutzprojekte des Naturparks
Barnim. Der 2013 erstmals auf den Markt gebrachte Naturschutzbecher ist
seit Januar 2014 ganzjährig im Handel. Durch Aufdrucke auf den Platinen
des Naturjoghurts erhalten die Verbraucher im Jahresverlauf
Informationen über zwölf Projekte des Naturparks.
Mit dem Besuch in der Biomolkerei endete die Rundreise der Mühlenbecker.
Angesichts der eloquenten und kenntnisreichen Ausführungen Dr. Gärtners
an diesem Sonnabendvormittag war es ein leichtes, das Regenwetter zu
vergessen und erste Ideen für Kooperationsprojekte aufzuführen, die auch
die künftige Nutzung der Mühlenbecker Mönchmühle beeinflussen könnten.
Bürgermeister Smaldino-Stattaus wird die Kommunalpolitik, den
Mönchmühlenverein und alle Interessierten transparent zu nachfolgend
exemplarisch aufgeführten Punkten und Anregungen beteiligen:
– Einrichtung eines Naturparktourismusbüros wie in Biesenthal und
Wandlitz,
– Etablierung vom Mühlenbecker Land als „Tor zum Naturpark“.
– Ausstellung „Brandenburger Wassermühlen“ in der Mönchmühle.
– Bewerbung um die Planung eines Naturparkfestes an der Mönchmühle.
Die Lage der Gemeinde im Naturpark Barnim erweist sich ganz klar als ein
„Pfund, mit dem die Gemeinde Mühlenbecker Land wuchern muss“.
Die verstärkten Bemühungen nach touristischer Weiterentwicklung kommen
offensichtlich auch Wandlitz zugute. Insoweit wäre eine spätere
Modifikation der Wandlitzer Tourismuskonzeption mit Hinblick auf die
Änderungen im Nachbarort sicherlich hilfreich.
Jörg Matthes
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Letzte Aktualisierung ( Mittwoch, 3. Dezember 2014 )
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